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Kathrin Brüstel
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Samstag, 29. Oktober 2016

Begegnungen mit dem Tod

Hallo liebe Leser,
ich hab mich rar gemacht. Wer Zeitung liest, weiß, dass unsere Niederlassung in Ziegelstein dicht macht. Es ist grad alles eine Menge Stress und manche Dinge möchte ich aus meinem Kopf verweisen. Deshalb geht es diesmal um ein ernstes Thema: den Tod.
Wer sich nicht damit auseinander setzen will, schließt einfach den Post.

Meine 1. Begegnung mit dem Tod war in dem Jahr als ich 16 war. Ich fuhr mit meinen Eltern nach Buchenwald und wir machten eine Führung durch das KZ mit. Ich hörte aufmerksam zu und verhielt mich unauffällig wie immer.
Als die Gruppe jedoch in dem Raum stand hinter den Öfen, wo sich damals die Insassen ausziehen mussten, bekam ich plötzlich keine Luft mehr. Es war als wären plötzlich alle Opfer versammelt in diesem Raum. Als würden ihre Schreie meine Ohren bluten lassen. Meine Füße wurden schwer wie Blei und die Wände drehten sich. Der Schmerz, die Angst, alles konzentrierte sich in diesem Raum. Längst hörte ich dem Erzähler nicht mehr zu und stolperte einfach aus dem Zimmer...

Natürlich könnte ein rationaler Mensch jetzt meinen, ich war dehydriert und eingeschüchtert von Szenarien über Juden und Nazis, weil ich so reagiert habe. Doch nichts hat mir jemals so den Hals zugeschnürt wie dieser eine bestimmte abgrundtief böse Raum. Der Tod war der Erlöser. Der Tod nahm sich nur die, für die es zu spät war.

Ganz ohne böse Horroreffekte begegnete mir der alte Gevatter am 12. August diesen Jahres.
Ich kam nach Hause in den Flur des Hauses, in dem ich blind die Treppen runter laufen kann und jedes Knarzen einer bestimmten Stufe kenne. Ich spürte seine Anwesenheit sofort. Wie beiläufig. Er hielt sich im Hintergrund. Wie ein Komparse ohne Text. Ohne ein Wort, ohne eine Tat bestimmte er den Ablauf. Ein stummer Regisseur. Unausweichliche Stille.
Mein Verstand arbeitete mit meiner Intuition zusammen. Die beiden reagierten ohne mich. Ich war eine mechanische Hülle. Ich war Aktion und Reaktion.
Schon in den Wochen vorher hatte ich gespürt was kommen würde. Dass der Tod mir demnächst meinen Vater nehmen würde. Oder sagen wir, den Teil von ihm, der noch auf Erden wandelte. Der nicht mehr wusste, wie man Messer und Gabel nutzte. Der keine Kraft mehr hatte bis ins Bad zu gehen. Wenn er atmete, war es als atmete das ganze Haus.
Ein seltsamer Abend im Sessel am Tisch während im hinteren Teil des Zimmers die Hülle eines Menschen lag, der meine Direktorin in der Realschule so geärgert hatte, dass sie ihm ein mehrwöchiges Hausverbot erteilte.
Ein Rebell, als Junge von seiner Mutter geschimpft worden, weil er am liebsten Elvis hörte.
Der letzte Rest dieses Menschen ging am Vormittag des nächsten Tages von uns. Es war kurz nach 11 Uhr als ich aufsprang, weil sein Atmen plötzlich schwerer wurde. Es bildeten sich lila Flecken an Händen und Beinen. Ein letztes Zucken, weit geöffnete tränende Augen und dann Stille.
Ganz ruhig hatte sich der Tod an das Pflegebett begeben. Sehr sanft dank hochdosierter Hilfsmittel nahm der Gevatter seinen neuen Schützling zu sich. Nahm den grauen Schleier vom Dach des Hauses, nahm den Spuk aus dem Wohnzimmer mit ins andere Reich. Grußlos ging er wie er gekommen war. Nahm Krankheit und Siechtum wieder mit zurück.
Wir öffneten das Fenster und Frieden war eingekehrt.

Für die, die durchgehalten haben: Ich wünsche niemandem, unbedingt beim Tod eines Menschen daneben zu stehen.
Ich möchte euch jedoch den Rat geben, nicht alles im Leben nur schwarz und weiß zu sehen. Nutzt die Zeit, sagt den Leuten ins Gesicht, dass sie toll sind und passt gut aufeinander auf.

Eure Kathy